Der deutsche Bundesgerichtshof sprach einer Autokäuferin Ersatz für Wertminderung zu – wie viel, ist noch offen. Wie ist die Rechtslage in Österreich?

Wer einen VW-Diesel mit manipulierter Software gekauft hat, dem kann Schadenersatz zustehen, auch wenn er sein Auto behält. Das hat der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Einer Passat-Käuferin steht demnach ein sogenannter "kleiner Schadenersatzanspruch" für die Wertminderung des Autos zu.

Die Frau hatte das Auto im Juli 2015 – kurz vor Bekanntwerden des Dieselskandals – gebraucht gekauft. Später ließ sie das von VW entwickelte Software-Update aufspielen. In weiterer Folge klagte sie auf Ersatz des Minderwerts ihres Autos. Der BGH entschied, VW sei zu Schadenersatz verpflichtet. Die Klägerin könne das Auto zurückgeben und sich den Kaufpreis erstatten lassen – oder aber das Auto behalten und den Betrag verlangen, um den sie es zu teuer erworben habe. Um diesen "kleinen Schadenersatz" zu berechnen, sei der Wert des Fahrzeugs mit dem Kaufpreis zum Zeitpunkt des Kaufs abzugleichen, wobei auch eine allfällige Wertsteigerung durch das Software-Update zu berücksichtigen sei. Ob bzw. in welcher Höhe eine Wertdifferenz besteht, muss nun die Unterinstanz klären. "Grundsätzlich profitieren auch Österreicher von dieser Entscheidung", sagt Rechtsanwalt Alexander Voigt, Innsbrucker Standortleiter der deutschen Kanzlei Goldenstein, die laut eigener Angabe über 2000 Österreicher in der Sache vertritt. "Die eigenen Rechte können Österreicher auch am Gerichtsstand des verantwortlichen Autoherstellers durchsetzen." In Österreich gebe es dazu noch kein Grundsatzurteil, betont Voigt.

Rechtslage vergleichbar

Aber was gilt in Österreich? Auch nach den Regelungen im ABGB "entspricht der Schaden nach allgemeiner Auffassung der Differenz zwischen dem gegenwärtigen Vermögensstand und dem Stand, den das Vermögen ohne schädigendes Ereignis hätte", sagt die Wiener Anwältin lsabella Jorthan (Kanzlei Wallner Jorthan). Auch hier hätte die Geschädigte somit – alternativ zur Naturalrestitution ­ Anspruch auf den Betrag, um den sie das Fahrzeug zu teuer erworben hat. "Wie viel das ist, vielleicht 30 oder 40 Prozent, dazu sagt die BGH-Entscheidung  jedoch nichts aus", so Jorthan. Darf ein Auto nicht zum Verkehr zugelassen werden, bleibe sogar nur der reine Materialwert, das wären laut dem Institut für Automobilwirtschaft ca. 43,5 Prozent des Netto-Listenpreises. Dann wäre der Kaufpreis womöglich sogar um rund 56,5 Prozent überhöht.

Ein Benützungsentgelt – das mit jedem Tag, den man das Auto fährt, mehr wird ­ muss man sich nur bei Rückabwicklung des Kaufvertrags anrechnen lassen. "Für dessen Berechnung gibt es weder in Deutschland noch in Österreich eine einheitliche Linie", sagt Jorthan. Mit dieser Frage ist zur Zeit der EuGH befasst. Verlangt man jedoch – wie im Anlassfall der BGH-Entscheidung – nur die Kaufpreisdifferenz zurück, fällt dieses Thema weg. (cka/APA)

"Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2021